College Sportarten

Q&A mit Benni Klingen

Aus dem beschaulichen Liesborn mit einem Sportstipendium im Fußball an die Northeastern University in Boston! D1-Student-Athlete Benni Klingen berichtet uns von seinem Weg zum Sportstipendium und seiner Zeit in den USA. Schaut rein, es lohnt sich !

Name: Benjamin Klingen

Heimat: Liesborn, Nordrhein-Westfalen

Uni: Northeastern University, Boston, MA

Sportart: Men’s Soccer

In den USA seit: August 2019

Für alle, die dich nicht kennen – stell dich doch mal kurz vor!

Ich heiße Benni Klingen und komme aus Liesborn, einem kleinen Dorf in der Nähe von Lippstadt. Seit dem letzten Herbst studiere ich jetzt durch ein Sportstipendium im Fußball in den USA B.Sc. Business Administration an der Northeastern University an der amerikanischen Ostküste in Boston, nachdem ich zuvor schon zwei Jahre an der Universität Paderborn studiert hatte. Außerdem spiele ich für die Northeastern Huskies in der Conference CAA Division I Fußball. Bevor ich die Entscheidung getroffen habe, mein Glück an einer US-Universität zu versuchen, habe ich mit meinem Ausbildungsverein seit der U16, dem SV Lippstadt 08, den Titel in der Oberliga Westfalen gewonnen und eine Saison in der Regionalliga West gespielt. Nach einem Mittelfußbruch brauchte ich eine Veränderung und jetzt bin ich hier, wo ich bin und bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.

Wie kamst du auf die Idee Sportstipendium in den USA – wie und wo hattest du das erste Mal davon erfahren?

Grundsätzlich war ich eigentlich sehr glücklich beim SV Lippstadt und habe nicht an einen Abschied gedacht, schon gar nicht an einen Wechsel über den Atlantik. Nachdem ich mir dann relativ zu Anfang der Regionalliga Saison einen Mittelfußknochen gebrochen hatte, lief es nicht mehr richtig rund für mich und ich habe nach irgendetwas Neuem gesucht. Da ich nach meinem Abitur schon mal die Überlegung hatte, für längere Zeit ins Ausland zu gehen, habe ich die Idee neu angegriffen und versucht mein angefangenes Studium und Fußballerfahrung zu kombinieren, da bot sich dann ein Soccerstipendium ideal an. Ich hatte immer mal wieder Kontakt mit Agenten von verschiedenen Agenturen während meiner Zeit beim SV Lippstadt, sodass mir das Konzept sehr gut bekannt war. Danach habe ich dann Kontakt zu einer Agency aufgenommen und von dort an lief es fast wie von selbst.

Was waren deine anfänglichen Bedenken und Probleme und wie hast du es geschafft, diese zu beseitigen?

Ich war von Beginn an sehr überzeugt von meinem Plan, was aber natürlich nicht heißt, dass ich keine Bedenken oder Sorgen hatte. Es war das erste Mal für mich, für längere Zeit meine Heimat zu verlassen. Da macht man sich natürlich schon Gedanken, wie man ohne seine langjährigen Freunde, seine Familie und seine Freundin klarkommt und ob man mit der neuen Umgebung gut zurechtkommt. Diese Sorgen haben sich aber nach und nach von selbst erledigt, weil direkt im Trainingslager klar war, dass das Team wie eine kleine Familie funktioniert und man dadurch direkt viele Ansprechpartner hat. Ohne das Team und das Team um das Team, wie Coaches, Berater und Administratoren, stelle ich es mir wesentlich schwerer vor.

Beschreibe kurz den Prozess und die Phase zwischen Anmeldung und Commitment. Was waren die größten Hindernisse? Was würdest du heute anders machen?

Der Prozess hat bei mir erst ziemlich spät begonnen. Ich habe das erste Mal Kontakt zur Agency aufgenommen im Februar 2019. Letztendlich dazu entschieden es zu machen, habe ich mich erst im März, nachdem ich mich ausführlich mit meinem Berater ausgetauscht hatte. Danach ging es dann mit Highlight-Video, ersten Gesprächen mit Coaches und einem Showcase ziemlich schnell. Meinen jetzigen Trainer habe ich auch dort beim Showcase kennengelernt und war schnell überzeugt, dass es die richtige Universität für mich ist. Danach folgte noch der TOEFL Test, wie bei jedem Studenten, aber aufgrund meines Studiums in International Business Studies in Paderborn und wöchentlichen Englisch-Kursen, war ich darauf gut vorbereitet und habe den Test mit 117/120 Punkten abgeschlossen. Die größten Hindernisse waren danach nur noch die Bürokratie und das Visum. Da ich ein Transfer-Student und kein Freshman war, brauchte meine neue Uni diverse Dokumente von meiner alten Uni und meiner Schule. Weil schon Semesterferien waren, war es nicht immer einfach die Dokumente schnell zu bekommen, aber letztendlich hat alles gerade so noch gereicht. Nachdem ich dann offiziell zugelassen wurde an der NEU, hat meine Agentur sofort das Visum beantragt, weil es nur noch 2 Wochen bis zu meinem geplanten Abflug waren. Am Ende musste ich meinen Flug sogar nochmal um 3 Tage umbuchen, damit das Visum auch rechtzeitig wieder bei mir ankam. Insgesamt muss ich aber sagen, dass die Agentur trotz Zeitknappheit und einigen Herausforderungen immer sehr organisiert und mit viel Einsatz meinen Weg freigehalten hat.

Was studierst du und warum?

Ich studiere B.Sc. Business Administration mit Schwerpunkt Finance und im Nebenfach Strategy. Nachdem ich in Paderborn schon International Business Studies studiert habe, bot sich diese Wahl an. Finance und Strategy sind für mich zwei sehr spannende Themengebiete und passen sehr gut zueinander. Wenn ich ein Thema aussuchen müsste, dann würde ich sagen, dass ich die Herausforderung von Mergers und Acquisitions und Unternehmensrestrukturierungen sehr spannend finde.

Erzähl doch mal von deinen ersten Wochen, deinen Anfängen in den USA – dem ersten College Tag/ Eindrücken usw.

Die ersten Wochen waren für mich extrem wichtig und haben viele Sorgen direkt zerschlagen. Ich bin mitten in der Nacht in Boston gelandet und wurde von meinen Coaches am Flughafen abgeholt, die mich dann zu einem Teammate gebracht haben, wo ich die erste Nacht geschlafen habe. Danach ging es direkt ins Trainingslager, eine Woche relativ abgeschieden, 24h zusammen mit dem Team. Zum Kennenlernen war es das Beste, was hätte passieren können. Die Vorbereitung allgemein hatte nicht viel mit dem tatsächlichen Uni-Leben zu tun, sondern war eher ein langes Trainingslager. Als die Uni dann losging, war alles sehr spannend und anders. Für mich fühlte es sich ein bisschen wieder an wie Back-To-School. Die Klassengrößen waren wieder viel kleiner im Vergleich zu der deutschen Universität, aber genau das finde ich besser als in Deutschland. Der Unterricht ist viel persönlicher und man hat viele verschiedene Aufgaben während des Semesters, wie Projekte, Präsentationen, Fallstudien oder Simulationen. Die ersten Wochen waren sehr spannend und haben mir ein sehr gutes Gefühl gegeben, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.

Dein bestes Erlebnis/ deine besten Erfahrungen: sportlich, akademisch und Campus Life:

Sportlich war auf jeden Fall das Trainingslager in der ersten Woche am wichtigsten für mich, um die Unsicherheit ein bisschen abzulegen und positiv in die Saison und das Semester zu gehen. Das beste Spiel war letztes Jahr auf jeden Fall der 4:2 Sieg nach 0:2 zur Halbzeit gegen den direkten Konkurrenten College of Charleston. Solche Spiele machen immer richtig Spaß. Nächstes Jahr soll dann bitte ein Erfolg im Conference Championship diesen Platz einnehmen. Akademisch gefallen mir Projekte und Simulationen immer extrem gut. Das stumpfe Zuhören und Klausuren-Schreiben in Deutschland vermisse ich kein bisschen. Mein Campus-Life Highlight kommt auch aus der Vorbereitung. Zum „Teambuilding“ haben wir nach dem Trainingslager zusammen mit den anderen Field Hockey und dem Women‘s Soccer Teams eine private Party organisiert. Meiner Meinung nach, die perfekte Art und Weise die Stimmung zu lockern und sich kennenzulernen, bevor es danach in die Saison geht, wo wir selbst festgelegt haben, dass wir keinen Alkohol trinken.

Unterschiede Deutschland/ USA:

Der erste große Unterschied für mich war die Umgebung. Ich bin aufgewachsen in einem Dorf mit ein paar Tausend Einwohnern und war dann plötzlich mitten in der Großstadt Boston. Der Campus ist zwar wie ein kleines Dorf, aber das Flair und die Möglichkeiten in einer Stadt wie Boston sind ganz anders als auf dem Land in Deutschland. Was den Fußball angeht, sind natürlich neben den Regelunterschieden die athletischen Grundlagen ganz anders. Viele Fußballer haben seit Jahren schon viel Krafttraining gemacht, was in Deutschland nicht unbedingt üblich ist. Allgemein ist ein Studium in Deutschland meiner Meinung nach sehr auf den Einzelnen ausgelegt. In den USA geht es auch viel um Erfahrungen untereinander und auf das Community Leben. Ich finde es wichtig und auch spannend, dass man viel mit anderen Studenten und Teammates zu tun hat, weil das Studium so mehr als nur das Lernen ist. Außerdem ist der gesamte Alltag viel besser aufeinander abgestimmt. Training wird auf Kurse ausgelegt, Kurse können für Auswärtsspiele auch mal aufgenommen werden und Physio Termine gibt es auch mal zwischen zwei Kursen. Studium und Fußball auf hohen Niveau kann man in Deutschland definitiv nicht so problemlos kombinieren.

Was vermisst du an Deutschland?

Am meisten vermisse ich natürlich meine Freundin, meine Familie und meine alten Freunde. Auch wenn ich mich sehr wohl fühle in Boston, ist es trotzdem schade, dass man die wichtigsten Menschen in seinem Leben nicht sehen kann für mehrere Monate. Bis auf den persönlichen Kontakt vermisse ich sonst nicht viel aus Deutschland, weil man im Alltag auch ehrlich gesagt kaum Zeit hat, viel zu vermissen. Dafür hat man zu viel zu tun und es macht auch einfach zu viel Bock immer unterwegs zu sein.

Welche Städte und Regionen hast du bisher kennengelernt und welche sind dir in besonderer Erinnerung geblieben?

Innerhalb meiner Conference bin ich viel im Nordosten und an der Ostküste unterwegs. Letztes Jahr waren wir zu Auswärtsspielen z.B. in North Carolina, Long Island und Philadelphia. Über das Thanksgiving Break, war ich für einen Kurzurlaub in New York City. Diese Stadt ist natürlich im Vergleich zu Boston nochmal eine ganz andere Nummer, aber sehr faszinierend. Außerdem war ich im Winter für ein paar Tage in Vermont zum Skifahren, das war auch stark. Nächstes Jahr würde ich gerne mal an die Westküste, was aktuell wohl eher an der komplizierten Situation scheitern wird.

Tipps und Hinweise für alle, die sich für das Thema interessieren/ Was würdest du anders machen mit dem Wissen, das du jetzt hast?

Habt keine Angst einfach mal nachzufragen bei verschiedenen Agenturen. Viele bieten kostenlose Einschätzungen an und werden euch die ehrliche Meinung sagen, ob es bei euch mit einem Vollstipendium klappen kann und in welcher Division. Wenn ihr dann mal bei einer Agentur seid, dann macht euch selbst klar, was ihr wollt und sagt das auch. Ich selbst wollte unbedingt an eine Uni in einer größeren Stadt und hatte hohe Anforderung an den akademischen Teil. Wenn ihr gerne viel Party machen wollt und Sonne und Strand liebt, dann sagt es und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Agentur was für euch finden kann. Wenn ihr es früh genug sagt, kann euer Berater gezielt bei euren Traumzielen anfragen und die Chancen sind deutlich höher als wenn ihr wartet und hofft, dass was Gutes dabei ist. Ich selbst würde nichts anders machen und bereue meine Entscheidung absolut nicht. Wenn ich etwas mutiger gewesen wäre, hätte ich es vielleicht schon direkt nach dem Abitur gewagt, aber das ist ja jedem selbst überlassen. Wenn ihr noch irgendwelche Tipps oder sowas braucht, dann könnt ihr mich auch gerne auf Facebook anschreiben.

Abschließende Worte

Die Entscheidung, meine Fußballkarriere in Deutschland erstmal ruhen zu lassen und auf ein Abenteuer in den USA zu gehen, bereue ich kein bisschen. Das Campus Life ist kein Vergleich zu deutschen Universitäten und als Athleten seid ihr an der Universität auch etwas besonderes und habt viele Privilegien, die andere Studenten nicht haben. Natürlich ist es nicht immer nur Spaß, sondern auch viel Aufwand mit Training, Fitness, Regeneration, Studium, Hausaufgaben. Das muss jedem von vornherein klar sein, aber die Erfahrungen sind fantastisch und helfen extrem dabei selbstständiger, erwachsener und professioneller zu werden. Am wichtigsten sind aber für mich die neuen Freunde und Menschen aus der ganzen Welt, die man kennenlernt und mitnimmt auf seinem Weg. Abschließend einfach eine geile Zeit, die ihr nie wieder vergessen werdet!

Schnellfragerunde

Große oder kleine Uni? Große

Küste oder Berge? Küste

Spring Break oder Winter Break? Spring Break

NFL oder NBA? NFL

Spring Semester oder Fall Semester? Eigentlich Fall Semester, aber dieses Jahr Spring, wenn der Championship tatsächlich dahin verlegt wird!

College Bar oder House Party? House Party

Thanksgiving oder Ostern? Thanksgiving

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